Wie oft passiert es uns, dass wir genau das eine Wort suchen, um exakt das zu benennen, was wir tatsächlich sagen wollen. Dann rotieren die Gedanken, verstricken sich in Ketten, blitzen Einfälle auf, und wir sind doch nicht so richtig zufrieden. Gebräuchliche Begriffe sind uns nicht genug. Da muss es doch noch etwas geben, das treffender ist. Schließlich möchte niemand missverstanden werden. Das geht jedem von uns so, der nicht wild drauflos schreibt, sondern kurz darüber nachdenkt, wie die Aussage beim Empfänger ankommt. Autoren können davon ein Lied singen, aber auch viele Forenmitglieder. Der Ton macht eben auch beim geschriebenen Wort die Musik. Die Sprache hat Macht. Sprache spiegelt auch immer die Persönlichkeit, unsere aktuelle Tagesform und passt sich stets der gegebenen Situation an. Kommunikation findet auf vielen Kanälen gleichzeitig statt. Das weiß jeder, manche vergessen es gelegentlich. Egal, darauf will ich nicht hinaus. Mir geht es eher um die Begriffe – Begriff; begreifen; greifen; halten; spüren; verstehen… Gute Sprache ist nicht immer selbstverständlich, obwohl sie das Leben deutlich niveauvoller macht. Neben den verschiedenen Dialekten wird unser Verständnis obendrein durch die Verwendung von regional spezifischen Bezeichnungen erschwert.
✏️ – Bodentuch – findet regionale Synonyme: Scheuerlappen, Feudel………………
Vielen Menschen fällt es schwer, klare Ansagen zu machen. Da wird um den heißen Brei herumgeredet, was das Zeug hält. Jeder kennt die Typen, die zwar viel reden, aber nichts sagen. Das wird dann meist schnell langweilig, träge, zäh. Eine spritzige, witzige und einfallsreiche Sprache ist nicht nur angenehmer, sie erhält unsere Aufmerksamkeit und schafft Erinnerung. Genauso verhält es sich bei Wortschöpfungen. Gerade in der Werbung tauchen immer wieder neue Slogans auf. Adjektive werden sonnenfrisch zu wolkenweißen Versprechungen zusammengesetzt. Die Mathematikbücher eines Schulbuchverlages heißen Nussknacker, werden aber doch das ganze Schuljahr verwendet, nicht nur in der Weihnachtszeit. In unserer globalen Welt wird unsere Sprache fortlaufend durch neue Begriffe ergänzt. Selbst das entsprechende Wort -denglisch- ist eine Zusammensetzung aus Deutsch und Englisch. Jeder weiß aber, was gemeint ist. Mit fortschreitender technischer Entwicklung entstehen neue Eigennamen. Im Jahr 1998 suchten Visionäre nach einem treffenden Namen für ihre Internetsuchmaschine. Sie fanden sie im Wort Googol, der Bezeichnung für eine Zahl aus eins und hundert Nullen. Es dauerte nicht lange, bis die Menschen die Tätigkeit, im Internet mit Hilfe dieser Suchmaschine zu recherchieren, als googeln bezeichneten. Seit 2004 steht das auch so im Duden. Die Entwickler haben es geschafft, mit einem Phantasiewort eine Marke zu kreieren. Ähnlich kreativ waren die Gründer von Haribo, Adidas und Lego. Mehr davon gibt es hier.
Wortschöpfungen entstehen auf unterschiedlichsten Wegen. Wir können einfache Techniken anwenden und diese miteinander kombinieren.
- Wortsinn erfassen – Synonyme finden: ist eine der einfachsten Übungen. Gerade sinnverwandte Wörter bieten eine Fülle an Möglichkeiten, unsere Sprache spannend zu gestalten. Auf der Suche nach einem entsprechenden Begriff zapfen wir unseren Wissens- und Erfahrungsschatz an, der die Grundlage für schöpferische Prozesse bildet.
- Wörter zusammensetzen und ableiten: Wir alle wissen, dass ein Juwelendieb Juwelen stiehlt, aber ein Meisterdieb keine Meister. Dennoch ist uns der Begriff geläufig. Die Übergänge von Ableitung und Zusammensetzung sind fließend, die Variationen unbegrenzt. Viele Kofferwörter sind in unserem Sprachgebrauch angekommen, Brunch- ist die Mahlzeit zwischen Breakfast und Lunch und Mechatroniker kennen sich in der Mechanik und der Elektronik aus.
- Ein Satz, ein Wort: Neue Eigennamen entstehen oft in dieser Art. Wir formulieren einen treffenden Satz. Aus den Anfangsbuchstaben der verwendeten Wörter bilden wir einen Begriff. Die begrenzte Anzahl an Vokalen erschwert diese Methode. Also kann man auch die erste Silbe der Wörter verwenden. Eine bekannte Wollfärberin gab ihren 99%igen Wollsträngen den treffenden Namen Nip- Nobody is perfect.
- Silben/ Buchstaben vertauschen: Bis heute bin ich bei dem Lied von den drei Chinesen mit dem Kontrabass textsicher. Das ist auch nicht schwer, denn der Text bleibt in jeder Strophe gleich. Nur die Vokale werden ausgetauscht. Auch die Silben eines Wortes können ausgetauscht oder verdreht werden. Auf diese Weise erhalten wir ebenfalls neue Wörter.
- Wortspiele: Umkehrungen, Verdrehungen und Mehrdeutigkeiten verändern recht simpel den Sinn einer Aussage. Einen chinesischen Dieb nannten wir in Kindertagen Lang fing, der vom Lang fing fang gestellt wurde. Der Aufforderung:“Stück mal rück!“ bin ich auch schon gefolgt. Ein italienischer Schnellkochtopf ist ein Garibaldi, Kaffee ist eine Dorfschönheit und meinen Drucker habe ich auf Skandinavier eingestellt.
Unsere Umgebung ist voller Beispiele für Spielereien mit unserer Sprache. Wer aufmerksam ist entdeckt welche. Besonderes Vergnügen bereitet es, selbst welche zu erfinden.
Als ich 2009 Wollgewandt gegründet habe, brauchte ich einen aussagekräftigen Namen. Mein geschickter Umgang mit Garnen in jeglicher Form gab den Ausschlag. Für meine kreativen Aktivitäten brauchte ich auch einen einprägsamen Begriff. Die Zusammensetzung aus kreativ und Aktivität „kreativ“ gab es schon. Also habe ich überlegt, Synonyme gesucht und mit Wörtern jongliert, bis ich auf smact gekommen bin. Einen Wörterbucheintrag gibt es dazu noch nicht, aber so könnte er aussehen:
Smact die; zus.ges. smart und Action/Activität; pfiffige, (woll)gewandte Tätigkeit mit intensiv nachhaltiger Wirkung
Aufmerksames Zuhören fördert unser Verständnis vom Leben und den Menschen. Lesen und Zuhören erweitert unseren Wortschatz, der wiederum eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, sich kreativ mit Sprache auseinander zu setzen. Wählen wir unsere Worte mit Bedacht, erregen wir Interesse und Aufmerksamkeit bei unseren Gesprächspartnern, Zuhörern und Lesern. Auf diese Weise gelingt Kommunikation, gibt es mehr Verständnis, also weniger Missverständnisse. Wer mit Worten Bilder malen kann trägt dazu bei, unsere Welt etwas schöner zu machen. Sollte uns wieder einmal das richtige Wort fehlen, dann wird ein Blatt Papier ganz schnell zum Wortschöpfungslabor.